Anwenderstudie Maschinelles Lernen in der Logistik 2020 – Zukünftig viel Potenzial für ML in der Praxis

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen (ML) erlangt in der Logistik seit einiger Zeit steigende Wichtigkeit. Das Leistungszentrum Logistik und IT und das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik wollten deshalb mit einer Online-Befragung herausfinden, wie der Stand der Umsetzung aktueller und geplanter Projekte sowie der Informationsbedarfe aus Anwendersicht im Bereich ML ist. Die Anwenderstudie ML in der Logistik wurde Ende 2019 bis Mitte 2020 vom Leistungszentrum Logistik und IT konzipiert und durchgeführt. Unternehmen waren dabei herzlich eingeladen, an der Umfrage zu partizipieren, um ein realitätsgetreues Bild von der Verbreitung und dem aktuellen Stellenwert von ML in der Logistik zu gewinnen.

Der Befragungszeitraum war von April 2020 bis Mai 2020, dort sollten die Teilnehmer insgesamt 12 geschlossene Fragen zum Thema ML beatworten. Das Ziel war die Erhebung von Informationen zur aktuellen sowie geplanten Nutzung von ML für Aufgaben in der Logistik durch deutsche Unternehmen. Die 57 Teilnehmer stammten dabei zu 50 Prozent aus der Dienstleistungsbranche, zu 42 Prozent aus der Industrie und zu acht Prozent aus dem Handel. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer kamen aus dem mittleren Management. Zu der Frage der Relevanz des Maschinellen Lernens für das entsprechende Unternehmen fielen die Einschätzungen sehr deutlich aus. Im Jahr 2020 ist ML für jedes dritte Unternehmen ein relevantes oder sehr relevantes Thema. Bis Mitte 2023 verdoppelt sich, den Ergebnissen der Befragung nach, jedoch dieser Anteil.

Die bisher noch relativ geringe Relevanz ist teils auch auf den Wissensmangel im Bereich des ML zurückzuführen, nur 15 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie keinen Bedarf an weiteren Informationen haben. Knapp die Hälfte der Befragten würden gerne mehr über Anwendungsbeispiele und die Funktionsweise des ML wissen. Aktuell setzen daher noch unter zehn Prozent der Unternehmen ML für logistische Aufgaben ein. Knapp ein Drittel der Unternehmen führen jedoch bereits Umsetzungsprojekte durch bzw. planen diese für die nächsten drei Jahre. Dies ist v.a. auf die zahlreichen Einsatzbereiche vom ML in der Logistik zurückzuführen. Es kann u.a. zur Lieferantenauswahl, Bedarfsermittlung, Lagerverwaltung sowie zur Planung von Transporten, Produktionen, Absätzen und Distributionen verwendet werden. In der Beschaffung, beim Einkauf, in der Produktion sowie Lagerung wird ML erst bei wenigen Unternehmen eingesetzt, ebenso erfolgen hier wenige Umsetzungsprojekte. Allerdings planen einige Unternehmen Projekte im Bereich der Produktionsplanung, dem innerbetrieblichen Transport, der Lagerverwaltung sowie der Kundenkommunikation.

Für ML wird grundsätzlich eine gewisse Datengrundlage benötigt, laut Umfrage besitzen jedoch lediglich 29 Prozent eine sehr gute bzw. gute Verfügbarkeit von Daten. Der überwiegende Teil der Unternehmen sieht durch den Einsatz von ML Chancen zur Leistungsverbesserung, Kostenreduktion sowie zur Entwicklung neuer Services, Produkte und Dienstleistungen. Das Entgegenwirken des Fachkräftemangels wird von knapp 40 Prozent der Unternehmen als Chance für ML betrachtet.

Haupthemmnisse für den Einsatz von Maschinellem Lernen sind laut 49 Prozent der Unternehmen fehlendes Know-how und fehlende personelle Ressourcen. Unternehmen sehen in erster Linie eigene Ressourcen, externe Dienstleister und Forschungsinstitutionen als Umsetzungspartner an. Implementierte bzw. in der Umsetzung befindliche Projekte werden überwiegend mit externen Dienstleistern durchgeführt. ML-Projekte mit Kunden und/oder Lieferanten sind dort die Ausnahme. Von den 18 Unternehmen die als Haupthemmnis Personalmangel genannt haben planen bemerkenswerterweise acht Unternehmen eine eigenständige Einführung von ML.

Im Leistungszentrum bauen wissenschaftliche Institutionen synergetisch eine nationale Infrastruktur und ein offenes Innovationsökosystem auf – von der Grundlagenforschung bis hin zur angewandten Forschung, zusammen mit der Industrie. Die Forschungsleistungen und -ergebnisse werden in den beteiligten Institutionen direkt genutzt – ob in der Lehre, in Promotionen und Studienarbeiten sowie im Rahmen der Vertragsforschung, unter anderem in den assoziierten Enterprise Labs. Damit ist ein stets aktueller und unmittelbarer Transferstrom von der Forschung in die Lehre und Anwendung entstanden. In den interdisziplinären Forschergruppen, den acht Research-Clans, arbeiten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Institutionen in den Themenfeldern »Mensch-Technik-Interaktion«, »Daten«, »Prozesse und Systeme« sowie »Planung, Simulation, Steuerung«. Mit dem Research-Clan Maschinelles Lernen kümmert sich eine interdisziplinär besetzte Forschergruppe im Leistungszentrum bereits umfassend um das Thema.

Wir danken den Autoren Carina Culotta, Dr.-Ing. Markus Witthaut und Melisa Thaqi sowie allen Teilnehmern dieser Studie!

Foto: Leistungszentrum Logistik und IT